Nicht immer hinterlassen die Eltern ein Vermögen. Oft kommt die böse Überraschung wenn der Erbe dann feststellt, dass nur Schulden vorhanden sind.
Frau Heinrich kam zu mir, weil kurz nach Beerdigung ihres Vaters Gläubiger aufgetaucht waren und sich eine Gesamtverschuldung in Höhe von über 35.000 € abzeichnete. Das war weit mehr, als ihr Vater auf dem Konto hinterlassen hatte. Außer ein paar persönlichen Gegenständen gab es keine Vermögenswerte. Die Gläubiger wollten nunmehr das Geld von Frau Heinrich direkt bekommen.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen gehen nicht nur die Vermögenswerte sondern auch die Schulden im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge auf den Erben über. Das bedeutet, dass der Erbe automatisch, ohne eigenes Zutun, plötzlich zum Schuldner wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Erbe gesetzlicher Erbe ist oder durch ein Testament eingesetzt wurde.
Grundsätzlich haftet der Erbe mit seinem gesamten eigenen Vermögen für die Schulden des Erblassers!
Eventuell vorhandene Titel (Urteil, Vollstreckungsbescheid, notarielle Urkunde …) können die Gläubiger auf den Erben umschreiben lassen und müssen nicht erst erneut gegen den Erben klagen.
Ausschlagung des Erbes
Der Erbe hat die Möglichkeit, innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab sicherer Kenntnis vom Tod des Erblassers sowie der Tatsache selbst Erbe geworden zu sein, das Erbe auszuschlagen. Bei einem durch Testament eingesetzten Erben beginnt die Frist erst mit Bekanntgabe durch des Nachlassgericht.
Die Ausschlagung selbst muss beim zuständigen Nachlassgericht entweder persönlich durch Niederschrift oder durch Vorlage einer notariell beglaubigten Erklärung erfolgen.
ACHTUNG: Hat der Erbe die Erbschaft ausdrücklich zum Beispiel durch die Beantragung eines Erbscheins angenommen, erlischt auch vor dem Ablauf der Frist das Ausschlagungsrecht. Daher sollte nicht vorschnell ein Erbschein beantragt werden.
Aufgebotsverfahren
In vielen Fällen weiß der Erbe nicht, welche Nachlassverbindlichkeiten vorhanden sind. Hier kann ein Aufgebotsverfahren beim zuständigen Nachlassgericht beantragt werden. Durch das Gericht werden die Gläubiger durch öffentliche Bekanntmachung aufgefordert, die Forderungen gegen den Erblasser anzumelden. Wenn sich ein Gläubiger auf die öffentliche Bekanntmachung nicht melden, kann er nicht mehr auf das Vermögen des Erben zugreifen, sondern bekommt nur das, was gegebenenfalls noch vom Nachlass übrig ist.
Nachlassverwaltung
Hat der Erbe die Ausschlagungsfrist verpasst und kann daher die Erbschaft nicht mehr ausschlagen gibt es noch andere Möglichkeiten, die Haftung zu beschränken, um die Schulden nicht aus dem eigenen Vermögen bezahlen zu müssen.
Bei der Nachlassverwaltung, die beim Nachlassgericht beantragt werden muss, kann ein Nachlassverwalter (in der Regel ein Rechtsanwalt ) eingesetzt werden. Der Nachlassverwalter regelt die Verbindlichkeiten und verwertet das Erbe. Der Resterlös wird an die Erben ausgekehrt. Eine Nachlassverwaltung kommt dann in Betracht, wenn genügend Masse für das Verfahren vorhanden ist. Das prüft das Nachlassgericht vor Einsetzung des Verwalters.
Dürftigkeitsseinrede /Erschöpfungseinrede
Lehnt das Gericht die Nachlassverwaltung ab, weil nicht genügend Masse vorhanden ist, kann der Erbe die Gläubiger auf die eventuell vorhandenen Nachlassgegenstände verweisen. Das Privatvermögen des Erben ist geschützt.
Sofern keine Nachlassgegenstände mehr vorhanden sind, kann der Erbe die Erschöpfungseinrede erheben und haftet nicht mit seinem Privatvermögen.
Beerdigungskosten
Als Verwandter in „gerader Linie“ (Eltern, Kinder) sowie Ehegatte haften Sie auch nach Ausschlagung ggf. für die Begräbniskosten, da dies eine unterhaltsrechtliche Verpflichtung ist. Diese Haftung besteht aber nur dann, wenn die Kosten nicht aus dem Nachlass beglichen werden können.
Frau Heinrich hatte sich glücklicherweise rechtzeitig und innerhalb der Ausschlagungsfrist Hilfe gesucht. Sie hat das Erbe bei der Geschäftsstelle des Nachlassgerichts rechtzeitig ausgeschlagen. Die Schulden ihres Vaters haftet sie daher nicht.
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